Matthäus 7, 21-23

Es werden nicht alle, die zu mir sagen: HERR, HERR! ins Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: HERR, HERR! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben, und haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch noch nie erkannt; weichet alle von mir, ihr Übeltäter! (Matthäus 7, 21-23)

Samstag, 6. November 2021

Gott ist kein Arbeiter

 In seinen Werken über geistliche Exerzitien beschreibt Ignatius von Loyola Gott als jemandem, der gleich einem Arbeiter permanent damit beschäftigt ist, alles was ist, zu erhalten, zu  erschaffen und zu umsorgen.

Referenz: Ignatius von Loyola, „In allem – Gott“, Seite 56ff, „Miteinander und füreinander arbeiten – Wie Gott sich für mich müht“

Ignatius leitet hieraus auch die Rechtfertigung menschlicher Arbeit ab. Diesem Punkt, als einem der wenigen, muß ich entschieden widersprechen!

Denn Gott ist kein Arbeiter: Gott ist die Liebe! Liebe arbeitet nicht, sondern erschafft. Sie erschafft Dinge um der Schönheit und des Wohlgefallens willen. Gott erschuf das Universum nicht, weil er einen Arbeitsauftrag hatte – er hat es aus Liebe erschaffen. Mit nur einem einzigen Zweck: Das seine Schöpfung diese Liebe zurückgibt. Grundsätzlich ist Gott sich selbst genug – er muss nicht arbeiten, um seine Existenz zu sichern. Gott will Lieben und geliebt werden. Daher erschuf er uns auch nach seinem Abbild – damit wir aus der Freiheit unseres Willens heraus seine Liebe erwidern können.

Als Adam und Eva noch im Paradies lebten, brauchten sie nicht zu arbeiten – sie konnten und durften einfach sein, um Gott zu lieben. Es war ein Leben der reinsten Muse – man kann es sich leicht vorstellen, welche schöpferische Kraft in uns Menschen erwächst, wenn wir nicht mit den Pflichten und Problemen unseres Alltags belastet wären. Kunst und Kultur wären unsere Leidenschaft – und durch das Erschaffen von Schönem, um des Erschaffens willen, um die Welt, die Schöpfung, schöner zu machen und immer mehr zu lieben – diese kreative Fähigkeit ist es, die uns zu einem Abbild Gottes macht. Nicht das Knechten, das Ausbeuten und die mühselige, schlechtbezahlte  Arbeit, wie wir sie aus unserer modernen Gesellschaft kennen - mit all ihren Nebenwirkungen wie der Umweltzerstörung, Massenarmut, Gewaltbereitschaft, Habgier und Dekadenz.

Erst durch ihren Sündenfall wurden Adam und Eva des Paradieses verwiesen, und mussten fortan „im Schweiße ihres Angesichtes“ für ihren Lebensunterhalt sorgen. Wir Menschen waren es nämlich selbst, die uns das Joch des ewig schuftenden Knechts durch unseren Sündenfall auferlegt haben. Jesus Christus hat uns jedoch von unserer Ursünde befreit; an uns liegt es jetzt, die Welt wieder in ein Paradies zu verwandeln. Aber was machen wir? Wir beschreiten auch weiterhin den alten, den verderblichen Pfad, obwohl wir alles verfügbar hätten, einschließlich Gottes Gnade und Hilfe, um unsere Welt wieder zu einem Paradies werden zu lassen.

All diese Lügen, die man uns erzählt, um alles nicht nur so zu lassen, wie es ist, sondern noch schlimmer zu machen! Es sind nichts weiter als Einflüsterungen des Teufels, der sich im Elend und der Gottesferne dieser Welt zum Fürsten aufgeschwungen hat. Die Mächtigen dieser Welt sind ihm vollkommen verfallen, und tun alles, um auch den letzten Menschen zu einer ausbeutbaren Ressource herabzuwürdigen. Und dies nur, um ihrer persönlichen Bereicherung willen, die wie eine Drogensucht meine Ende kennt, bis alles zerstört ist! Der Einzelne ist für die Mächtigen nichts anderes als ein Rad im Getriebe – ohne Rechte, gebückt unter Pflichten, und austauschbar. Das Individuum als Maschinenteil – bekommt nur soviel Freiheit und Ressourcen, wie es braucht, um zu funktionieren. Und das gilt überall – gleich in welchem politischen System. Diese ganzen Systeme: Kapitalismus, Monarchie, Sozialismus, Faschismus, Kommunismus und wie sie alle heißen – sie sind nur Masken ein und derselben Fratze: Der des Teufels; die Unterschiede sind nur Nuancen ein und derselben Farbe.

Um zum Thema zurückzukommen: Gott ist jedenfalls kein Arbeiter. Gott ist für mich eher ein Träumer, der in seiner seligen Herrlichkeit das Universum sich erdachte und es schuf, gleich ein Hobby-Töpfer aus formlosen Klumpen seine Tonwaren erschafft. Oder ein Hobby-Maler, der aus einer leeren Leinwand ein Gemälde hervorbringt. Und der Begriff Hobby steht hierbei für den Verdienstlosen Charakter dieser Tätigkeiten. Denn wenn der Zwang hinzukommt – dann wird aus der gottgefälligen, schaffenden Muse ein teuflisches Ausbeuten. Jeder Hobby-Koch kennt es – zu Hause die prächtigsten Menüs zu zaubern und wundervolle Gerichte zu erfinden ist etwas anderes, als in der Hotelküche 150 Schnitzel am Tag zuzubereiten.

Und wenn wir schon arbeiten müssen, um unsere Existenz als Gesellschaft zu sichern, so soll diese Arbeit nicht dem Gewinn eines Einzelnen dienen. Und sie soll auch nicht missbraucht werden, um heimlich und auf Dauer jemandes Eigentum einem anderen zu übertragen, wie es heute über Banken und Versicherungen die Regel ist. Jeder Mensch soll ruhig arbeiten – aber mit Maß, und auch nur soviel wie nötig ist. Denn Arbeit ist kein Selbstzweck! Arbeit muss sein, wenn es darum geht, das Nötige zu produzieren, welches wir als Gesellschaft zum Leben brauchen. Aber Arbeit ist kein Selbstbedienungsladen einiger Weniger, die sich an die Spitze gestellt haben, und nun auf Kosten aller anderen ein ausschweifendes Leben führen – so wie es heute ja an sehr vielen Stellen der Fall ist.

Gott ist kein Arbeiter, und er will auch nicht, dass wir es sind. Wir sollen Schaffende und Liebende sein, die seine Schöpfung pflegen und durch ihre eigene Schaffenskraft die Herrlichkeit Gottes zu loben und zu preisen. Wir sollen ein heiliges Volk sein, ohne Falsch, in der jeder Einzelne seine möglichst freie Entfaltung finden kann, um als gigantische Gemeinde Gottes Liebe zu erwidern. Wie aber soll das funktionieren, wenn große Teile der Menschheit in bitterlicher Armut gehalten werden, und der Rest einer erbarmungslosen, immer härter werdenden Ausbeutung ausgesetzt ist? Denn jedes System (und ich betone: Jedes!), hat sich bislang zu guter Letzt noch als Ausbeutungssystem offenbart – auf die ein oder andere Weise. Aber das Resultat war stets dasselbe.

Deshalb gilt für mich: Arbeit ist nur in Bezug auf die Existenzsicherung gerechtfertigt. Dass man uns jedoch zu sehr viel mehr zwingt – man bedenke die zu leistenden Steuerabgaben! – ist leider ein viel zu schlecht beleuchtetes Thema unserer Zeit. Denn dass wir Steuern zahlen, ist einerseits in Ordnung, um z.B. soziale Leistungen des Staates zu finanzieren, aber de facto werden unsere Steuergelder ja für die Unglaublichsten Projekte verschwendet. Kriegseinsätze, die wir nicht wollen, Umweltprojekte, die nichts nützen, weil sie wissenschaftlich nicht valide  sind, irgendwelche Studien und Einrichtungen, die niemand braucht, überteuerte Politikergehälter, ausufernde Bürokratie, fehlgeschlagene Migrationspolitik, und so weiter, und so weiter. In Wirklichkeit käme unser Staat, wenn er sich auf das tatsächlich Wichtige und Notwendige beschränken würde, mit einem Bruchteil der Steuern aus. Aber was der Staat an Ausbeutung nicht schafft: Die Banken und Großkonzerne holen sich den Rest mit perfider Gründlichkeit.

Das ist nicht der Wille Gottes, dass Menschen sich gegenseitig ausbeuten und knechten. Wir Menschen sind dazu berufen, gemeinsam die Schöpfung Gottes zu bewahren, und alle Schätze dieser Schöpfung wie Land oder Ressourcen miteinander zu teilen. Denn es ist genug für alle da. Aber solange ein Großteil dieser Schätze in den Händen einiger weniger landet, und von diesen als Druckmittel gegen den Rest verwendet wird, ist diese Welt verdorben und verloren.

Arbeit ist immer ein Mittel zum Zweck – und kein Selbstzweck. Es ist schon immer eine Lüge gewesen, den Menschen zu erzählen, daß Arbeit etwas Heiliges sei – oder etwas Frommes. Und diese Lügen wurden immer von denen erzählt, die von der Arbeit anderer profitierten. Arbeit ist etwas Unheiliges. Ihrer Natur nach ist sie eine Strafe Gottes für die Ursünden unserer Ureltern. Aber Jesus Christus hat diese Strafe für uns bezahlt – nur unsere eigene böse Natur verharrt weiterhin, aus den oben genannten Gründen, in jenem unseligen Credo, welches da lautet, daß Arbeit etwas Gutes sei. Etwas Gottgefälliges. Etwas, das uns auszeichnet. Das ist eine Lüge! Arbeit erniedrigt uns. Sie ist etwas Knechtendes, Ausbeutendes und Böses. Sie ist eine Strafe! Der Mensch wurde nicht zum Arbeiten geschaffen, sondern zum Lieben und Schaffen in Freiheit.

Aber es wird wohl noch ein langer Weg werden, bis die Menschheit das begreift. Und bis der Mensch endlich aufhört, gierig, egoistisch und rechthaberisch zu sein. Solange in der Welt noch immer gilt, dass der Stärkere (oder allgemeiner gesagt: der Mächtigere) automatisch Recht hat, solange werden Menschen sich bestechen und belügen lassen, um in ihrer kleinen, sich selbst gebastelten Phantom-Miniwelt ihr Dasein zu fristen, ohne zu merken, dass sie nur verheizt werden. Dass sie wie Zitronen ausgepresst und anschließend als leere Hülle verscharrt werden.

Nein, mein lieber Ignatius: Gott ist kein Arbeiter, und wir sind es von unserer Natur her auch nicht. Es wird Zeit, dies endlich den Menschen zu Bewusstsein zu bringen, dass unsere göttliche Seite nicht die des „werktätigen Arbeiters“ ist, sondern des schaffenden Künstlers, der die Schönheit und die Schöpfung liebt. Wir sollen Denker und Freigeister sein, um Gott durch unsere Werke in der Schöpfung widerzuspiegeln und ihn so zu verherrlichen. Und diese Werke sollen wir in Liebe und mit Begeisterung tun – nicht unter Zwang und Druck. Zwang und Druck sind Gott ein Gräuel. Und wer unter Zwang eine prächtige Kathedrale baut, der erschafft einen Tempel des Teufels – doch wer mit Liebe eine kleine Hütte für Gott errichtet, der hat einen wahren Tempel Gottes geschaffen.


Montag, 6. März 2017

Fastenzeit - die etwas andere Herauforderung

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

wir befinden uns in der Fastenzeit - die kirchlichen Medien sind prallvoll von Themen rund um das Fasten, aber auch außerhalb religiöser Kreise ist die Fastenzeit keine Unbekannte: Ich höre von verhältnismäßig vielen Menschen, daß sie auf die ein oder andere Art ebenfalls ein Fasten begehen. Die Motivation ist freilich eine andere, und diese meist sehr weltlich - doch soll das mitnichten eine Herabwürdigung derer darstellen, die aus freien Stücken auf einen Teil ihres gewohnten Lebensstils verzichten - denn unbequeme Selbstdisziplin gehört unabdingbar zu jeder Art des Fastens.

Meine Gedanken kreisen an dieser Stelle um die Frage, was das Fasten aus geistlicher, also religiöser Sicht, von jenem einer weltlichen Sicht unterscheidet, und wo jeweils die Herausforderung, aber auch der Nutzen liegt - hätte das Fasten keinen Nutzen (gleichgültig ob weltlich oder geistlich), hätte es sich wohl kaum über die Jahrhunderte in den verschiedensten Kulturen und Religionen immer wieder erhalten. Was also macht das Fasten (aus zeitgenössischer Sicht) aus?

Betrachten wir zunächst das geistliche Fasten: Als Christ fasten wir 40 Tage vor Ostern, in Analogie zu den 40 Tagen, die auch unser Herr Jesus in der Wüste verbrachte. Und da Jesus fastete, also Lust nach Nahrung verspürte, versuchte ihn der Satan. Eine herausragende Analogie: Kennen wir das nicht auch von uns selbst, wenn wir auf etwas enorme Lust verspüren, daß wir plötzlich bereit sind, Dinge zu tun, an die wir normalerweise gar nicht denken? Wenn wir mehr hungern, als wir es aus dem normalen Alltagsleben gewohnt sind, sind wir da nicht viel eher bereit, über unsere herkömmlichen Schranken hinauszugehen, als wenn wir gesättigt sind? Auch uns tritt der Satan gegenüber - meist mit den tollsten Eingebungen und Ideen, wie wir uns "ganz einfach" die gewünschte Befriedigung verschaffen können. Und genau hier setzt die eigentliche Übung des Fastens an: In den Momenten, in denen wir nur nachzugeben bräuchten, um unsere vermeintlichen Bedürfnisse zu befriedigen, eben nicht einzuknicken, sondern uns an Jesus ein Beispiel zu nehmen, und bewußt "Nein" zu sagen.

Liebe Brüder und Schwestern, wie oft geraten wir nicht nur in der Fastenzeit in solche Situationen, in denen wir vor der Entscheidung stehen, etwas zu tun, daß falsch ist -  das nicht recht ist. Beinahe täglich können wir Situationen beobachten, in denen wir "Ja" sagen, wo doch "Nein" viel sinnvoller wäre: Muß das zehnte Bier noch sein? Muß ich mir dieses oder jenes noch kaufen? Muß ich hier eine Lüge auftischen, um interessant zu sein? Unzählige Situationen gibt es da, und wir reden uns immer heraus, wenn wir falsch entscheiden: Das ist schon nicht so schlimm, da passiert doch keinem was, das eine Mal....Ausreden, Ausreden, Ausreden...wohin das Aujgen, oder besser gesagt Ohr, reicht.

Der Satan ist freilich ein enormer Gegner, und wie schwach sind wir im Gegensatz zu Jesus, der Satan hat abblitzen lassen. Wir knicken für gewöhnlich schon bei kleinsten Dingen ein, und merken es oftmals nicht. Und deswegen ist er gerade sinnvoll, daß in der Fastenzeit unsere Aufmerksamkeit sich genau darauf richtet, nicht einzuknicken: An den Stellen, von denen wir wissen, daß wir durch Satan, den Versucher, besonders angreifbar sind, eine Mauer des Glaubens errichten und mit Jesus Christus sagen: Weg mit Dir, Satan! Du hast mich oft genug an dieser Stelle verführt, jetzt aber sage ich Dir: Ich widerstehe Dir! Weg mit Dir Satan!

Erinnern wir uns an die drei Antworten unseres Herrn:

  1. In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
  2. In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
  3. Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Unter Punkt 1 erkennen wir hinter dem Begriff des Brotes all unsere körperlichen Begierden: Unsere Unmäßigkeit, unsere Gier - Essen, Trinken, Sex...all das, was uns im Übermaß nicht nutzt, sondern schadet.
Unter Punkt 2 erkennen wir unseren Stolz, unsere Selbstherrlichkeit, unsere Überheblichkeit. Was soll uns denn schon passieren? Wer kann uns denn was? Ich bin so wichtig, so großartig - was kann mir denn schon zustoßen? Wer will sich mir denn in den Weg stellen? Auch anders herum funktioniert es: Ich armer Wicht! Bin ich nicht eh schon Opfer genug? Hat mir das Schicksal nicht schon viel zu grausam mitgespielt? Kann es denn noch schlimmer kommen? Ja: Man kann sich auch im negativen Sinne viel zu wichtig nehmen. Kernpunkt ist: Man leitet einen Anspruch auf den selbstverständlichen Schutz und Beistand Gottes ab.
Unter Punkt 3 letztlich kommt das dickste Ende: Unsere falschen Götter, unser Aberglaube - an Geld, Macht und Ruhm. Wir vergötzen unsere von Menschen geschaffene Werke. Wir vergöttern Fußballvereine, Börsengeschäfte, Mode, Besitz, Macht, Stars und Berühmtheiten; Scheinwahrheiten und Ideologien!

In der Fastenzeit sind wir als Christen nun aufgerufen, uns dieser Dinge ganz bewußt zu werden - und sie ebenso bewußt abzuweisen. Und jedesmal, wenn wir es tun, wenn wir spüren, daß wir uns bewußt der Versuchung widersetzt haben, dann erfüllt uns die Freude unseres Glaubens, daß wir es ein wenig unserem Herrn Jesus gleichgetan haben - daß wir den "Fürsten dieser Welt" Satan in seine Schranken verwiesen haben. Natürlich könnte man sagen: Warum nur in der Fastenzeit? Warum nicht immer? Und tatsächlich wäre es wünschenswert, wenn wir unser ganzes Leben auf diese Weise heiligen könnten - aber das entspricht nunmal nicht unserer menschlichen Natur. Wir sind eben nicht göttlich - wir können nur bestrebt sein, möglichst gottähnlich zu werden. Aber das kostet Kraft und Überwindung - und unsere Ursünde ist ja auch noch da - sie wirkt im verborgenen und bringt uns immer wieder dazu, uns zu verfehlen. Aber hier kommt die Gnade Gottes ins Spiel: Er weiß um unsere Schwäche - er verlangt gar nicht von uns, daß wir göttlich sind. Wir dürfen natürlich unserer Art gemäß schwach sein. Wir dürfen uns verfehlen, denn wir können gar nicht anders, Aber wir sollen uns dessen immer wieder bewußt werden, und aus freien Stücken Buße tun.

Das Fasten ist nun aber nicht ein Opfer, um Gottes Vergebung zu erhalten: Die Vergebung unserer Sünden haben wir ja bereits durch das Opfer Jesu erhalten - nein: Das Fasten ist eine Bußübung: Eine freiwillige Last, die wir auf uns nehmen, um Gott zu zeigen, daß wir um das unermeßliche Opfer Jesu wissen - daß wir wissen, daß er für unsere Sünden gestorben ist, und wir nun diese uns erwiesene Liebe durch eine freiwillige Buße symbolisch erwidern. Ich bin gewiß, meine lieben Schwester und Brüder, nichts bereitet dem Herrn mehr Freude, als wenn wir durch unseren freiwilligen Verzicht seines Opfers gedenken, und ihm zeigen: Ja, Herr: Wir nehmen eine Last auf uns, um Deines Opfers zu gedenken. Wir wollen Buße tun, um Dir zu zeigen, daß wir Dich lieben, und daß wir an Dich glauben, der Du bei uns bist alle Zeit.

Wir sehen, welch tiefe Dimension das geistlich motivierte Fasten hat! Durch vermehrtes Gebet, das Feiern der heiligen Messe, die Beichte, durch die widerstandene Versuchung - durch all das, was wir in dieser Fastenzeit auf uns nehmen, zeigen wir Gott nicht nur unsere Liebe, sondern zeigen gleichsam unser Wissen um unsere Schwächen, und daß wir ihn demütig um Vergebung bitten. Und das wichtigste ist: Wir zeigen es nicht bewußt. Wer im Glauben fastet, der fastet um des Herrn Willen - und muß es nicht demonstrieren oder zeigen (und natürlich auch nicht verstecken). Wichtig ist allein, daß man es für sich selbst weiß, und es ganz unabhängig davon tut, ob die Welt etwas davon mitbekommt oder nicht. Man tut es für Gott - und der bemerkt es auf jeden Fall. Der Rest ist uninteressant - so steht es auch in der Heiligen Schrift (Matthäus 6, 16-18):

"Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten."  
Das Fasten aus weltlicher Motivation hingegen ist etwas vollkommen anderes: Denn hier spielt Gott überhaupt keine Rolle. Das Fasten verdreht sich hier eher zum Spielball des eigenen Ich: Man fastet um z.B. abzunehmen, anderen seine Willensstärke zu demonstrieren oder um lästige Angewohnheiten für eine Zeit loszuwerden. Man kann es drehen und wenden wie man will, das Fasten aus weltlicher Motivation kann immer nur ein Fasten zum Nutzen des eigenen Ich sein: Man verspricht sich etwas davon - einen Nutzen. Einen weltlichen Nutzen. Aber können wir in diesem Falle von einem "Fasten" reden? Von der Fastenzeit können wir reden, natürlich, denn die ist ja per Kalender für jeden nachvollziehbar - aber das Fasten selbst? Fastet man um weltlicher Dinge willen, dann wäre wohl das Wort "Kur", "Abstinenz" oder "Diät" passender - denn mit Fasten hat es nichts zu tun.

Der Friede sei mit Euch!